Immer wieder spreche ich von einer Art Meditation, einem Innehalten, einer Pause im Alltag, wenn ich meine gewohnte Art zu Fotografieren, diesem direkten Auslösen, diesem Reflex das Fotografieren mit einer Lochkamera gegenüberstelle. Das alltägliche Fotografieren (und hier gibt es keinen Unterschied zwischen analog und digital) passiert in Sekundenbruchteilen. Klick und das Bild ist gemacht, der Moment eingefangen, auf Film gebannt, ins fotografische Tagebuch eingetragen. Ich gehe, sehe und fotografiere teilweise ohne hinzuschauen (auch um Personen nicht zu zeigen, dass ich sie gerade fotografiere). Das geht so immer (wenn genug Licht vorhanden ist) und trainiert sehen, Komposition, Schnelligkeit und so weiter.
Und dann sind da die Tage mit einer Lochkamera. Die Belichtungszeit beginnt bei einer Sekunde und nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Das bedeutet, dass wenn ich ein (relativ) scharfes bzw. klares Bild möchte, die Kamera still stehen muss. Ich benötige ein Stativ oder eine feste Unterlage. Auch muss ich zählen, Lichtveränderungen während der Aufnahme mitberechnen, den Schwarzschildeffekt einkalkulieren und so weiter. Mache ich Pinholeaufnahmen sieht man mich starren, meist auf die Kamera, um zu sehen, dass sie still bleibt; sieht man mich zählen, sieht man mich konzentriert. Ich halte inne, Gespräche stoppen (manchmal plötzlich mitten im Satz) und ich nehme wahr. Wieviel Licht ist vorhanden? Welcher Film ist eingelegt? An welchem Ort bin ich zu welcher Jahreszeit? Welche Kamera gebrauche ich? Verändert sich das Licht? Bewegen sich Objekte? Will ich die Kamera bewegen? Benutze ich die AdvanceTechnique?
Und dann geht das Zählen los. Mich mit einer Pinhole zu begleiten ist kein Vergnügen. Ich schaue anders, denn ich werde viel Zeit verbringen, werde in einer yogaartigen Haltung verharren und das Ende der Aufnahmezeit abwarten, werde die Kamera sichern, dass sie nicht wackelt, werde den Auslöser gedrückt halten, bis mein Finger einschläft, sehr kalt oder blau wird, was ich alles jedoch während der Aufnahme nicht wahrnehme, denn dann geht es um die Fotografie und nicht um mich. Ich meditiere.