2016 kam ein Spiel für Smartphones auf den Markt, das eine große mediale Aufmerksamkeit bekam: Pokémon GO. Dabei geht man (Das Tempo darf nicht zu hoch sein) durch die Gegend und sammelt Pokémon, kleine Wesen, die mit Bällen eingefangen werden. In den 90er Jahren gab es dazu eine Zeichentrickserie, bei der der Held gemeinsam mit seinem Pokémon Pikachu und verschiedenen Wegbegleiter*innen durch die Weltgeschichte ging, Pokémon sammelte und in Arenen kämpfte. Daraus resultierten unterschiedliche Spiele: Karten zum Sammeln, Tauschen und Erkämpfen, Computerspiele und Spiele für Konsolen. Das Motto war und ist “gotta catch ‚em all“ (fang sie alle).
Die Aufmerksamkeit kam daher, dass Spieler*innen, um ein solches Wesen zu fangen, sehr weit gingen, ohne zu schauen Straßen überquerten oder sich auf Privatgrundstücke begaben. Die Gefahr also, bei einem Spiel, das dazu anregt, das Haus zu verlassen, sich zu bewegen und zu Fuß die Umgebung zu erkunden, verletzt zu werden, bestand. Auch die Schnittmenge von Computerspiel (auch wenn es sich um ein Spiel fürs Smartphone handelt) und dem Aspekt der Bewegung sorgte für Aufmerksamkeit. Sinngemäß hieß es, all die Gamer*innen kämen hinter ihren Bildschirmen hervor. Das Ziel ist es auch hier, alle Pokémon zu fangen, die in unterschiedlicher Häufigkeit vorkommen. Wer viel geht, wird belohnt. Nicht nur sammelt man Kilometer und daraus resultierend Medaillen, ein mehrstufiges Belohnungssystem, sondern es können auch aus Eiern, die beim Laufen ausgebrütet werden, neue Pokémon schlüpfen, um die eigene Sammlung zu erweitern. Es gibt drei durch Farben (rot, gelb, blau) gekennzeichnete Teams, die in den Poke-Arenen gegeneinander antreten. Dadurch kam es dazu kommen, dass sich Spieler*innen im echten Leben treffen, ihre Erfahrung austauschen und für eine kurze Zeit gemeinsam spielen.
Doch was hat das mit der Vermittlung von Kultur oder Kultureller Bildung zum Beispiel in der Erwachsenenbildung zu tun?
Um Pokémon zu fangen, werden Poke-Bälle benötigt. Diese bekommt man an Poke-Stops, wenn man diese anläuft und dreht. Poke-Stops sind mit Bildern versehen und befinden sich an kulturellen Orten – oder was von den Spieleentwickler*innen als kultureller Ort angesehen wird. Kirchen, Denkmäler, Gedenktafeln, Stolpersteine, Kunst im öffentlichen Raum – all das kann Poke-Stop sein. Durch diese Setzung werden die Spieler*innen, bei denen es sich nicht nur um Jugendliche handelt (!), mit Kultur im öffentlichen Raum konfrontiert und dazu angeregt, ihre Umgebung anders wahrzunehmen, den Gewinn beziehungsweise Mehrwert der Kultur für ihr eigenes Spiel an das Vorhandensein von Kultur zu knüpfen. So werden nicht nur neue Orte auch unter diesem Aspekt entdeckt und erlaufen, sondern auch bekannte Orte bieten einen anderen, frischen Blick auf Altbekanntes. Hier wird ein Unterschied zwischen Stadt und Land deutlich. Je weniger Einwohner*innen, desto weniger Poke-Stops und Poke-Arenen. Das heißt aber nicht, dass es auf dem Land weniger Kultur gibt. Meines Erachtens liegt das an den möglichen Nutzer*innenzahlen.
Diese ganzen Aspekte könnten nun in Formen der Kulturellen Bildung umgesetzt werden. Teilnehmer*innen könnten so auf einen Stadtrundgang gehen, der die unterschiedlichen Anlaufstellen (Poke-Stops und Poke-Arenen) beinhaltet und wo zusätzliche Informationen zu den kulturellen Orten gegeben werden. Planspiele sind denkbar oder Zukunftswerkstätten zu Kunst im öffentlichen Raum. Es können Fotos erstellt werden, das heißt, eine Kombination aus Fotografie und Pokémon-Orten als alternative Route ist möglich und Vieles mehr.
Das klingt alles ganz idyllisch und einfach, doch gibt es auch Schattenseiten. Das Spiel erfordert sehr viele Berechtigungen und Zugriffe auf das Telefon, die alle gewährt werden müssen, um spielen zu können und der Verbrauch von Daten und Akku ist sehr hoch.